junge blickt traurig aus dem Fenster

Kinderarmut in Deutschland

Heute ist „Welttag der Armut“! Wir leben in einem so reichen Land und dennoch lebt hier jedes 5. Kind in Armut. Armut in Deutschland bedeutet nicht unbedingt Hunger. Kinderarmut in unserem Land bedeutet: schlechtere Bildung, beeinträchtigte Entwicklung, keine Chancengleichheit und mangelndes Selbstwertgefühl. Dies bestätigt auch eine aktuelle Studie der Bertelsmann-Stiftung.

Von Bianca Sommerfeld
am 17. Oktober 2020
Thema: Kinderhilfe

Diese Studie, die die Bertelsmann-Stiftung regelmäßig erstellt, bringt im Prinzip Jahr für Jahr dieselben Erkenntnisse: Kinder aus Hartz IV-Haushalten haben es wesentlich schwerer als andere Kinder! Das erleben unsere Betreuer während ihrer Arbeit für die Kinderhilfe im SchutzengelWerk tagtäglich. Daher sind die Ergebnisse dieser Kinderarmuts-Studien keine Überraschung für uns.

Wir können aus unserer Erfahrung bestätigen:

Kinder aus Haushalten mit einem sehr geringen Einkommen bzw. Hartz-VI-Beziehern haben mehr Schwierigkeiten in der Schule. Sie sind weniger selbstbewusst und auffällig perspektivlos, da ihnen die häusliche Bestätigung und die inhaltliche Unterstützung – z.B. bei den Hausaufgaben – fehlt und die Eltern keine Vorbildfunktion haben.  Außerdem fehlen das Geld und oft auch die Erkenntnis der Notwendigkeit, dem Kind zusätzlich Nachhilfe-Unterricht zu ermöglichen.

Kinder aus Haushalten mit einem sehr geringen Einkommen bzw. Hartz-VI-Beziehern werden ausgegrenzt. Dies liegt unserer Erfahrung u.a. daran, dass sich ärmere Kinder erstens optisch von ihren Klassenkameraden unterscheiden (aufgetragene Kleidung, die dreckig oder zu klein ist, ungepflegte Haare, ungewaschene Körper,…) und dafür gemieden und gemoppt werden. Zweitens können arme Kinder außerschulische Aktivitäten nicht begleiten, da ihnen schlicht das Geld dafür fehlt (Eintrittsgelder, Kino, Eis essen,…). Auch Einladungen zu Geburtstagen werden abgelehnt, da kein Geld für ein Geschenk für den kleinen Gastgeber vorhanden ist. Aus Scham ziehen sich die betroffenen Kinder zurück, obwohl sie von den anderen Kindern gemocht werden.

Kinder aus Haushalten mit einem sehr geringen Einkommen bzw. Hartz-VI-Beziehern ernähren sich schlechter und sind öfter krank. Auch dieses Ergebnis der Studie können wir bestätigen. Kinder werden morgens ohne Frühstück zur Schule geschickt. Und wenn es ein Pausenbrot gibt, dann besteht dies nicht selten aus einem ungesunden Schokoriegel oder einem abgepackten, süßen Teilchen aus dem Supermarkt. Eine warme Mahlzeit, die mit frischen Zutaten selbst gekocht wurde, kennen auch nicht alle Kinder. Oft werden Fertigprodukte aus der Tiefkühltruhe serviert. Frisches Obst und Gemüse kommen quasi nicht vor. Manche Lebensmittel sind den von uns betreuten Kindern sogar unbekannt.

Wir möchten betonen, dass bei weitem nicht alle Familien, die Hartz-VI beziehen, ihre Kinder vernachlässigen oder schlecht ernähren. Wir erleben in unserer Arbeit gerade viele alleinerziehende Mütter, die nach einem harten Arbeitstag alles für das Wohl ihres Kindes tun, Hausaufgaben zusammen machen und ihm eine gesunde Mahlzeit zubereiten und gemeinsam essen. Wir erleben aber leider auch die zuvor beschriebenen Effekte der Armut: Vernachlässigung des Kindes, destruktives Verhalten der Eltern, mangelnde Motivation des Kindes durch die Eltern, Ausgrenzung, Mangelernährung und große Bildungslücken.

Wir können auch bestätigen, dass es eine Rolle spielt, wie lange ein Kind in einem armen Haushalt lebt. Wenn ein Kind schon von Geburt oder dem Kleinkindalter an in einem von Armut betroffenen Haushalt lebt und von den Eltern keine Impulse vermittelt werden, diesen Zustand zu ändern, ist die Wahrscheinlichkeit, dass das Kind der Armutsfalle entkommt, wesentlich geringer. Unserer Erfahrung nach erfordert es mehr Kraft von allen Beteiligten, das Kind zu motivieren, neue Perspektiven aufzuzeigen, Bildungslücken zu füllen und das Selbstwertgefühl zu stärken.

Die Folgen der Kinderarmut sind spürbar und kosten unserer Einschätzung nach die Gesellschaft langfristig viel Geld. Wir vom SchutzengelWerk fordern daher bessere Strategien in der Bekämpfung von Armut in Deutschland. Wir fordern gleiche Bildungschancen für alle Kinder durch kostenlose Nachhilfe sowie besser ausgebildetes pädagogisches Personal in Kindergärten und Schulen. Wir wünschen uns kostenlose Mahlzeiten auch an den weiterführenden Schulen und nicht nur an den Grundschulen. Wir erwarten ein flächendeckendes Angebot von kostenlosen Nachmittagsangeboten für alle Kinder – unabhängig vom Einkommen der Eltern. Alle Kinder sollen zusammen spielen, lernen und Sport treiben dürfen. Damit Stigmatisierung vermieden wird, Ausgrenzung keine Chance hat und der Gemeinschaftssinn gestärkt wird!

Lassen wir nicht zu, dass diese Kinder sich mies fühlen, öfter krank sind und den Anschluss verlieren. Die Kinder sind unser wertvollstes Gut, das wir schützen müssen!!!

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